Die Digitalisierung hat zur Demokratisierung der Fotografie beigetragen. Aber die Grundfertigkeiten des Handwerks sind die gleichen geblieben. Und es lohnt sich immer noch, diese zu erlernen.

Ich hatte gerade erst meine erste Anstellung als junger Arzt im Krankenhaus Eisenstadt begonnen und von meinem ersten selbst verdienten Geld kaufte ich mir meine Wunschkamera: eine Lotus 4×5 Zoll Fachkamera, genau nach meinen Vorgaben angefertigt.

Das Fotografieren mit Fachkameras scheint heute im digitalen Zeitalter schon etwas anachronistisch: die Kamera besteht nur aus einem Stoffbalgen, einer gläsernen Mattscheibe mit Filmeinschub und einer simplen Frontplatte, in die ein Objektiv geklemmt werden kann. Sonst nichts. Keine Elektronik, kein Bildschirm, und schon gar keine Belichtungsautomatik oder Autofokus. So wurde die Fotografie vor fast 200 Jahren erfunden.

Keine Elektronik, kein Bildschirm, und schon gar keine Belichtungsautomatik oder Autofokus. So wurde die Fotografie vor fast 200 Jahren erfunden

Diese Art der Fotografie ist langsam, kontemplativ und mit einer guten Portion Überraschungen versehen: das Objektiv projiziert ein schwaches Bild auf die Mattscheibe, welches meist nur mit dem Kopf unter einem dunklen Tuch betrachtet werden kann. Die Schärfe wird über den Abstand zwischen Objektiv und Film eingestellt, und wenn man mit der Bildkomposition zufrieden ist, muss mit einem Belichtungsmesser die korrekte Belichtungszeit ermittelt werden. Dann wird eine Filmkassette hinter die Mattscheibe geschoben, der Verschluss geschlossen, Blende und Belichtungszeit am Objektiv eingestellt. Im richtigen Augenblick wird die Abdeckung der Filmkassette geöffnet und der Kabelauslöser betätigt. Dann beginnt das lange Warten und Hoffen.

Manchmal erst Wochen später wird der Film in der Dunkelkammer von Hand entwickelt. Anfangs habe ich auch die Abzüge der Negative in der Dunkelkammer auf Silbergelatine-Papier ausgearbeitet. Ein paar Jahre später war die digitale Bildverarbeitung weit genug, daß ich die Negative scannen, und schließlich digital weiterverarbeiten konnte.

Alles in Allem ein langwieriger, mühsamer aber ungemein lohnender Prozess. Die digitale Revolution in der Fotografie hat auch mich mit ihrer Bequemlichkeit letztlich zur Digitalkamera greifen lassen. Aber ich bin immer noch dankbar, dass ich meine ersten Schritte in der Fotografie noch im analogen Medium gemacht, und damit das Handwerk mit all seinen Facetten erlernt habe.

Die Fotografie „Golden Gate Bridge vom Baker Beach“ entstand eher zufällig und spontan. Ich war mit meinem Bruder im Jahr 2002 auf einer Rundreise durch den Südwesten der USA in San Francisco angekommen. Am zweiten Abend unseres Aufenthaltes in der Stadt waren wir mit dem Auto zurück auf dem Weg zu unserem Hotel, als wir nach einer Kurve plötzlich die Brücke von hoch über dem Strand vor uns sahen. Da war sie, in all ihrer rostroten Pracht, ohne Nebel im warmen Abendlicht. Die Zeit drängte – die Sonne stand schon knapp über dem Horizont. Ich parkte das Auto bei nächster Gelegenheit, kletterte auf allen Vieren die steile Böschung hinunter zum Strand und hatte gerade genug Zeit für 3 Aufnahmen, bevor die Sonne unterging und damit das wunderbare Abendlich verschwand.

Wie auch in der digitalen Fotografie soll ein Film-Negativ möglichst viele Informationen in allen Schattierungen enthalten.

In diesem Fall ist es ausreichend, mit einer moderaten Anpassung des Kontrastes aus dem Negativ ein expressives Bild zu machen, und damit den flüchtigen Moment für immer festzuhalten.